Ausbildungssituation im Ruhrgebiet schwierig
„Seit Jahren klagen Betroffene über eine zu geringe Auswahl an attraktiven Lehrstellen für jugendliche Schulabgänger. Auf Seiten der Wirtschaft hingegen mehren sich die Klagen über eine unzureichende schulische Qualifikation oder eine mangelhafte Ausbildungsfähigkeit der Bewerber. Insbesondere das Handwerk mit oft kleinen Ausbildungsbetrieben macht immer wieder deutlich, die schulischen Defizite vieler Auszubildender nicht „mal eben nebenbei“ beheben zu können“, faßt der Ruhrgebietsabgeordnete Ralf Witzel die Ausbildungssituation im Ruhrgebiet zusammen.
Die Folge davon ist, daß einerseits viele Schulabgänger in den sogenannten Berufswarteschleifen wertvolle Zeit verbringen und andererseits auch etliche Ausbildungsplatzangebote aufgrund der erfolglosen Suche nach fachlich geeigneten und motivierten Bewerbern unbesetzt bleiben.
Diese Ausgangslage war Anlaß für Ralf Witzel, in diesem Sommer einen Überblick über Lehrstellensituation und Berufswarteschleifen für die von ihm betreuten Städte im Ruhrgebiet – Bochum, Bottrop, Essen, Mülheim und Oberhausen – bei der Landesregierung anzufordern. Die Analyse der Daten macht deutlich, daß unverändert großer Handlungsbedarf besteht, damit die Region nicht noch weiter abgehängt wird.
So waren im Juli/August 2016, also unmittelbar vor Beginn des Ausbildungsstarts, in den genannten Städten rund 3.500 Lehrstellenbewerber nicht vermittelt, obwohl zeitgleich rund 2.500 Ausbildungsstellen noch unbesetzt waren. Erschreckend: Trotz noch offener Ausbildungsmöglichkeiten klafft dennoch rechnerisch eine riesige Lücke von rund 1.000 fehlenden Ausbildungsplätzen, um alle interessierten Jugendlichen in eine Ausbildung vermitteln zu können. Und dabei wären Wunschberufe oder besondere Interessen nicht einmal berücksichtigt. Insgesamt stehen in diesen Teilen der Ruhrregion in diesem Jahr rund 9.800 Lehrstellen insgesamt zur Verfügung. Im Jahr 2013 konnten im Vergleich rund 11.800 Ausbildungsverträge geschlossen werden, 2014 waren es 11.300 und 2015 immerhin noch rund 11.100 Ausbildungsverträge.
Besonderer Beliebtheit erfreuen sich bei unversorgten Jugendlichen daher außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen, entweder als vollzeitschulischer Bildungsgang oder in einer außerbetrieblichen Einrichtung. Rund 500 Jugendliche aus den obigen Kommunen haben im Jahr 2015 eine Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung absolviert; 2013 waren noch 540. Dafür gibt es immer mehr Schüler in vollzeitschulischen Bildungsgängen: 2015 waren es rund 15.000 Jugendliche, 2013 sogar über 16.300.
Als Ausbildungsberuf ist der Kaufmann/die Kauffrau im Einzelhandel, für Büromanagement oder der Industriekaufmann hoch im Kurs. Auch Verkäufer/-in, medizinische Berufe oder der Kraftfahrzeugmechatroniker sind bei Jugendlichen unverändert gefragt. Hier ist auch in der Regel unkompliziert und wohnort- oder arbeitsplatznah für den schulischen Ausbildungsteil ein Berufskolleg zu erreichen. Dies gilt nicht für alle Ausbildungsgänge. Auch in der Metropole Ruhr wird längst nicht mehr alles in jeder Stadt angeboten, die Auszubildenden haben oftmals weite Wege zur Berufsschule zurückzulegen.